Das Jahr 2022 war ein Jahr multipler, miteinander verschränkter Krisen. Passend dazu trafen sich die Pluralumn* des Netzwerk Plurale Ökonomik (NPÖ) am 10. und 11. Oktober 2022 zum mittlerweile dritten wissenschaftlichen Workshop an der Universität Bielefeld. Unter dem Titel “Back to the future? Pluralist economics coming of age in an era of multiple crises” diskutierten etwa 20 Teilnehmende, ob und wie Plurale Ökonomik einen Beitrag zur Bekämpfung dieser Krisen leisten kann. Der Workshop wurde zum ersten Mal in hybrider Form abgehalten, um es auch pluralen Ökonom*innen im Ausland zu ermöglichen, teilzunehmen – so fanden sich auch Beiträge von den Universitäten in Utah, Prag und Athen im Tagungsprogramm. Ebenfalls erstmalig soll es ein Special Issue zum Workshop im Review of Evolutionary Political Economy geben, das von Teilen des Organisator*innenteams um Kerstin Hötte, Daniel Mayerhoffer, David Lübeck und Jan Schulz-Gebhard editiert wird und voraussichtlich Anfang 2024 erscheint. Dort können die Debatten des dritten Workshops und darüber hinaus tiefergehender nachvollzogen werden.
Die Vorträge umfassten ein weites Spektrum von stark angewandten bis hin zu konzeptuellen Beiträgen:
- zwei Beiträge zu einer Strategiedebatte um Plurale Ökonomik und ihrem möglichen Potenzial als transformative Wissenschaft (Samuel Decker) bzw. zu Fallstricken und Problemen von Pluraler Ökonomik in der aktuellen wirtschaftspolitischen Diskussion (Frederick Heussner)
- eine Reflexion von Otto Neurath als philosophischer Ökonom der Krise (Patrick Klösel) und zur performativen Rolle von Ökonom*innen in der Wissenschaft (Jakob Ortmann),
- zwei von der Komplexitätsökonomik inspirierte Beiträge in Form eines Agent-Based Models zu Kaskadeneffekten auf Finanzmärkten (Armin Aminian) und der Topologie des regionalen europäischen Produktionsnetzwerkes und dessen Auswirkungen auf Schockabsorption (Lasare Samartzidis),
- zwei empirische Beiträge zu verschiedenen Dimensionen von Marktmacht von Unternehmen, d.h., eine Analyse auf Basis statistischer Gleichgewichtstheorie zu Markups auf Firmenebene (Jan Weber) sowie zu Steuervermeidung von Unternehmen in Steueroasen (Kristin Dilani Nadarajah),
- zwei Beiträge zu De- und Post-Growth, die die makroökonomische Debatte (Elena Hofferberth) und die Literatur zu Degrowth im Globalen Süden (Claudius Gräbner-Radkowitsch) systematisch untersuchten,
- sowie zwei spezifische Anwendungsfelder zu Anpassungsstrategien gegenüber Strukturwandel und Krisenerscheinungen der oberfränkischen Textilindustrie (Margitta Grötsch) und zu den arbeitsmarktbezogenen Effekten von Mindestlöhnen in Griechenland (Lida Vandorou).
Umrahmt wurden alle Panels mit jeweils einer gemeinsamen Reflexionssession, um Gemeinsamkeiten und Synergien der einzelnen Beiträge auszuloten. Zusätzlich wollten wir im Workshop auch eine Plattform für konkreten und praxisbezogenen Austausch bieten. Dazu leiteten Laura Porak und Rouven Reinke einen interaktiven Workshop zu qualitativen Methoden in der Ökonomik an, um junge plurale Ökonom*innen mit solchen tendenziell seltener genutzten Methoden vertraut zu machen. In einem Symposium diskutierten Kerstin Hötte, Daniel Mayerhoffer und Claudius Gräbner-Radkowitsch die besonderen Herausforderungen für junge plurale und heterodoxe Ökonom*innen in der Akademie und beim Publikationsprozess diskutierten und teilten ihre Erfahrungen mit dem Publikum.
Die vierte Ausgabe des Pluralumn*-Workshops befindet sich momentan in Planung. Genaueres erfahrt ihr Mitte 2023 über die üblichen Netzwerkkanäle. Bei Fragen könnt ihr euch auch gerne an alumni@plurale-oekonomik.de wenden.