2010 beginnt Hannes seinen VWL-Bachelor in Münster: „Jedes Semester habe ich aufs Neue gelernt, wie der Mindestlohn Arbeitsplätze zerstört”, sagt er. Aus Frustration über die einseitige Lehre gründet er, mittlerweile im Master an der Uni Leipzig, einen pluralen Lesekreis, aus dem er mehr mitnimmt als aus mancher Vorlesung. Hannes beschäftigt sich „viel mit Finanzkram”, will verstehen, was genau bei der Finanzkrise 2008 schiefgelaufen ist.
Nach seinem Master promoviert Hannes als Stipendiat der Heinrich Böll Stiftung beim Institut für Wirtschaftsforschung in Halle – in der Abteilung Finanzmärkte. Dort untersucht er, wie sich die Probleme der Banken während der Eurokrise auf die Staaten übertragen haben und wie Klimarisiken auf die Nachhaltigkeit von Staatsfinanzen wirken. Er bleibt seinem Faible für Finanzthemen treu und macht nach seinem Doktor ein Traineeship beim „Finanzministerium” der EU-Kommission (FISMA). „Das kann ich nur empfehlen. Es ist spannend zu sehen, wie eine Behörde von innen funktioniert”, sagt er.
„Durch plurale VWL kann ich politökonomische Debatten sehr gut durchdringen.“
Gelandet ist Hannes mittlerweile bei der Strom- und Energiebörse EEX. Dort ist er im Risikomanagement tätig und sieht damit Dynamiken im Finanz- und Energiemarkt aus nächster Nähe. Sein theoretisches Wissen zur Finanzkrisen kann er damit praktisch anwenden, beispielsweise bei der Rolle von Risikomodellen während der Energiekrise 2022. Zwar führt Hannes in seinem Arbeitsalltag keine ökonomischen Theoriedebatten, aber seine Kenntnisse aus Studium und pluralem Lesekreis helfen ihm bis heute: „Durch kritische und plurale VWL kann ich politökonomische Debatten sehr gut durchdringen und Entwicklungen auf der Welt besser für mich strukturieren. Diese Denkweise hilft mir ungemein, ob im Beruflichen oder bei Diskussionen.“