Einführung in die Plurale Ökonomik
„Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.” (Beutelsbacher Konsens)
„Welche Antworten bietet mir mein Studium auf die dringenden Fragen des 21. Jahrhunderts?” Diese Frage begleitet viele Studierende der Volkswirtschaftslehre durch ihre gesamte Ausbildung. Eine theoretisch wie methodisch einseitig ausgerichtete Lehrbuchwissenschaft dominiert die Ausbildung junger Ökonom*innen weltweit.
Der Schwerpunkt der derzeitigen Lehre und Forschung liegt auf Varianten neoklassischer Grundmodelle.
Wir müssen Wirtschaft anders denken – menschlicher, gerechter, ökologischer!
Diese theoretische Beschränkung steht im Widerspruch zu der Vielfalt an Forschungsrichtungen, welche die Wirtschaftswissenschaft zu bieten hat: Heterodoxe Ansätze wie etwa die Sozialökonomik, Feministische, Ökologische und Marxistische Ökonomik, Evolutorische Ökonomik, Komplexitätsökonomik, die Österreichische Schule, Postkeynesianismus, Regulationstheorie und Institutionenökonomik sowie auch wirtschaftsethische Konzepte und Grundlagen wie die ökonomische Ideengeschichte, ergeben gemeinsam das umfassende Bild einer pluralen Ökonomik, das mit einem großen Reichtum an unterschiedlichen Perspektiven und Problemlösungen für die drängenden wirtschaftlichen Fragen unserer Zeit ausgestattet ist.
Unser Ziel ist es, dieser Vielfalt ökonomischer Theorien Raum zu geben, die Lösung realer Probleme in den Vordergrund zu stellen, sowie Selbstkritik, Reflexion und Offenheit in der VWL zu fördern.
Dabei plädieren wir für einen theoretischen, methodischen und interdisziplinären Pluralismus. Der ökonomische Mainstream und die heterodoxe Ökonomik sollen miteinander im lebendigen und themenbezogenen Austausch stehen. Ökonomische Bildung soll zu kritischem Denken und zukunftsfähigem Wirtschaften befähigen.
„Lehrveranstaltungen sollten sich als Zukunftswerkstätten begreifen, indem sie praktische Fragen globaler Menschheitsprobleme thematisieren und diese mit den konkreten Lehrinhalten verknüpfen.” (Impulspapier)
Unsere Kern­forderungen für eine zukunfts­fähige Ökonomik:
1. Mehr Theorienvielfalt!
- Kurse zu ökonomischer Ideengeschichte im Bachelorstudium
- Ausgewogene Darstellung verschiedener ökonomischer Forschungsparadigmen in den Lehrbüchern
- Berücksichtigung von gesellschaftlichen und ökologischen Implikationen unseres Wirtschaftssystems in der Lehre
2. Mehr Methodenvielfalt!
- Kurse zu qualitativen Methoden im Studium
- Praktischer Anwendungsbezug des Gelernten
- Forschungsergebnisse aus verschiedenen Perspektiven interpretieren
3. Mehr Interdisziplinarität!
- Für die Ökonomik relevante Erkenntnisse aus Klimaforschung, Soziologie und Kulturwissenschaften diskutieren
- Lehrveranstaltungen in Kooperation mit benachbarten Disziplinen
- Wissenschaftstheorie, Ideengeschichte und Wirtschaftsethik als Bestandteil des Studiums
4. Mehr didaktische Qualität!
- Partizipative Lehrmethoden wie Essays und Vorträge, die aktive Teilnahme und kritisches Denken fördern
- Einsatz von pluralen Lehrbüchern
- Studentisch organisierte plural-ökonomische Lehrveranstaltungen auf Anrechenbarkeit prüfen und finanzieren
5. Institutionen der Ökonomik modernisieren
- 20 Prozent heterodoxe Lehrstühle an ökonomischen Fakultäten
- Ganzheitliche Bewertungsmaßstäbe für Berufungen und die Vergabe von Geldern – gute Lehre honorieren
- Stärkung des akademischen Mittelbaus: sichere Arbeitsverhältnisse, gute Löhne und mehr Mitbestimmung
Impulspapier 2020
Hier findet ihr das ausführliche Impulspapier aus dem Frühjahr 2020, die Kurzversion und die englische Übersetzung.